Tagelöhner
oder
Wo Arbeit draufsteht, ist Armut drin

Wer wissen will, wie das aussieht, wenn ein "Bündnis für Arbeit" wirklich funktioniere, der möge nach den Niederlanden sehen, meint die neue Regierung. Das ist, sagt sie, das "Modell Holland", das seit den achtziger Jahren Arbeit und Fettlebe für die Werktätigen beschere.

Anfang der 90er Jahre demonstrierten eine Million Werktätige in den Niederlanden gegen eben jenes "Modell Holland" - und sie wußten wohl warum. Die Gewerkschaften werden über den Tisch gezogen und der Staat organisiert, daß die Arbeiter auch zahlen. Die Arbeiter haben dabei nur verloren:
- Preisgabe der 1965 erkämpften automatischen Ausgleichung der Preissteigerungsrate;
- 16 Jahre Reallohneinbußen für die Arbeiter und Angestellten;
- Jedes Jahr 2% Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst;
- Kürzung des Arbeitslosengeldes;
- Kürzung der Beamtengehälter, des Mindestlohns und der Sozialleistungen.
Das hat die Arbeiter das "holländische Modell" gekostet.

Aber es hat Arbeit gebracht?
Hat es nicht! Was es gebracht hat ist die lawinenartige Zunahme der Tagelöhnerei und der "ungesicherten Arbeitsverhältnisse". Jeder Dritte in den Niederlanden arbeitet auf Teilzeit. Die UN-Arbeitsorganisation ILO meldet eine tatsächliche Erwerbslosenrate von 27%; nach dem OECD-Standard berechnet liegt sie bei exakt 27,1%. Selbst das Kapitalisteninstitut McKinsey erklärt, die europaweit gerühmte niedrige Erwerbslosenrate in den Niederlanden beruhe auf nichts als auf gefälschten Statistiken.
Und die katholische Kirche hat durch den Bischof von Breda verkünden lassen, sie betrachte es in diesem Lande nicht mehr als Sünde, wenn Hungernde Brot stählen.

(Informationen aus: "Junge Welt", 1.9.97; "Unsere Zeit", 19.9.97; "Die Zeit" 41/98; "Wirtschaftswoche" 42/98, WSI-Mitteilungen 9/1998)