Militarisierung von Staat und Gesellschaft


Bundeswehr und Wirtschaft


Dokument der Plenartagung des Zentralkomitees, Juli 2000



Die sozialdemokratisch geführte Regierung hat ein umfassendes Programm zur Militarisierung von Staat und Gesellschaft vorgelegt und wesentliche Bausteine dazu in einer Broschüre veröffentlicht: "Bundeswehr und Wirtschaft - Eine strategische Partnerschaft auf dem Weg in den modernen Staat", herausgegeben vom Bundesministerium der Verteidigung. Im Volk freilich sind diese Pläne (die z.T. bereits verwirklicht, zum Teil im Zuge der Verwirklichung sind) weitgehend unbekannt, bis weit in die Gewerkschaften hinein werden sie entweder nicht wahrgenommen oder völlig falsch interpretiert. Sie werden interpretiert als eine "Zivilisierung" der Bundeswehr und eben nicht als eine Militarisierung, als vertragliche Indienststellung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft für die Kriegs- und Rüstungspläne des deutschen Imperialismus.

Nichts ist falscher als diese Sichtweise einer angeblichen Zivilisierung der Bundeswehr, die übrigens von den Pläneschmiedern durchaus gewollt erzeugt wird, wenn da etwa die Rede ist von "modernen Managementmethoden", von gedeihlicher Zusammenarbeit der Bundeswehr mit Ländern, Kreisen, Gemeinden und Unternehmen1, oder wenn der Inspekteur des Sanitätswesens der Bundeswehr, Generaloberststabsarzt Dr. Demmer davon schwadroniert, das "Aufgehen des Sanitätswesens der Bundeswehr im zivilen Gesundheitswesen würde zur Zivilisierung des Militärs führen".2 In Wirklichkeit bestätigen die abgeschlossenen und noch abzuschließenden Verträge auf Grundlage von generell vereinbarten Kooperationsverträgen erneut das Programm des Arbeiterbunds für den Wiederaufbau der KPD, in dem es heißt: "Die Monopole ordnen sich den Staatsapparat unter, benutzen ihn zur Einmischung in die Wirtschaft, zur Ausplünderung der Werktätigen mit Hilfe der Steuern, zur raschen Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums im Interesse der Monopole und zur Militarisierung der Wirtschaft."3

Denn auch das von Scharping gemalte Bild einer Eindämmung der gesellschaftlichen Verschwendung in der Rüstungswirtschaft durch das segensreiche Wirken von Marktwirtschaft und Konkurrenz ist Lüge. Schon 1991, auf dem 6. Fürstenfeldbrucker Symposium zwischen Monopolen und Bundeswehrführung konnte Ministerialdirigent Roy, Beschaffer im Verteidigungsministerium, die um ihre Monopolprofite4 besorgten Herren vollständig beruhigen: "Forschung und Technologie der Rüstungswirtschaft sollen mit Mitteln des Verteidigungshaushaltes weiterentwickelt werden, denn die Wirtschaft könne nicht erwirtschaften, was die Rüstungswirtschaft braucht. Also keine Marktwirtschaft, sondern staatliche Planwirtschaft..."5

In der Tat kann und muß man die Pläne zur umfassenden Militarisierung von Staat und Gesellschaft, wie sie jetzt Wirklichkeit werden, bis weit in die Regierungszeit Kohls zurückverfolgen. Geschmiedet und vorbereitet wurden diese Pläne gleich nach der Annexion der DDR, als Kohl davon sprach, Deutschland habe mit seiner Geschichte abgeschlossen und könne jetzt wieder seine Weltmachtrolle wahrnehmen.6 Daß "Deutschland wieder normal" werden und die Bevölkerung wehrbereit gemacht werden müsse, hatte schon besagtes Fürstenfeldbrucker Symposium gefordert7, und das hieß: Her mit der Volksgemeinschaft. Das blieb und bleibt nicht stehen bei der "Entsorgung" deutscher Vergangenheit durch Walsers Paulskirchenrede oder das Opferbeseitigungsgesetz zur sogenannten Zangsarbeiterentschädigung. Das wird ganz praktisch und eingreifend für das tägliche Leben des Volkes. Um den Zusammenhang zwischen Wehrhaftigkeit und kuschender oder ruhig gehaltener Arbeiterklasse weiß schließlich auch die Weizsäcker-Kommission zur Zukunft der Bundeswehr, wenn sie feststellt, "gefestigte innergesellschaftliche Strukturen" seien "Voraussetzung dauerhafter Sicherheit".8

Geschmiedet also bereits unter der Kohl-Regierung (so geht auf jeden Fall z.B. die angestrebte Indienststellung des Gesundheitswesens für die Zwecke der Kriegsvorbereitung mindestens auf Pläne von 1997 zurück), werden diese Pläne jetzt durchgeführt von der Schröder-Regierung, und so bestätigt sich auch hier wieder die Aussage unseres Programms: "Sozialdemokratismus - das ist der heuchlerische Pazifismus - ist die tatkräftige Unterstützung des Militarismus, der imperialistischen Kriege und der Wiederaufrüstung in unserem Land."9


Bereits der Titel, unter dem das Kriegsministerium seine Pläne veröffentlicht, ist Programm - "eine strategische (sic!) Partnerschaft auf dem Weg in den modernen Staat". So uneinsichtig es scheinen mag, daß es für den Weg in den "modernen Staat" des militärischen Instruments der Strategie bedarf, so richtig ist es dennoch. Handelt es sich doch in der Tat um einen Plan von Kräfteanordnung für den nächsten Krieg. Einen Plan, in dem sich die Erfahrungen der deutschen Monopole und ihres Staates in ihrer Kriegsgeschichte widerspiegeln. Sehr wohl erinnern sie sich ihres Mankos im 1. imperialistischen Weltkrieg, als sie den umfassenden militaristischen Zugriff auf die Wirtschaft erst mitten im Krieg vornahmen, eines Mankos, dem sie beim zweiten Anlauf bereits in der Kriegsvorbereitung u.a. mittels der faschistischen Vierjahrpläne zu steuern suchten. Und der moderne Staat, der angestrebt und angekündigt wird, stellt sich heraus als der Versuch, was in den 30er Jahren noch das Mittel der faschistischen Gewaltherrschaft brauchte, ohne diese offene terroristische Gewaltherrschaft herzustellen; als ein Staat, in dem die Volksgemeinschaft aus dem Bereich der Ideologie heraustritt und praktische und faktische Wirklichkeit wird, die tief in das Leben und die Arbeit des Proletariats eingreift.

Es handelt sich in der Tat um die tiefstgreifende Militarisierung der Gesellschaft seit der Remilitarisierung Westdeutschlands, und der ehemalige bundesrepublikanische Botschafter in Italien und den Niederlanden, Hans Arnold, hat völlig recht, wenn er diesen Plänen schon 1996 "politisch, militärisch und unter ethischen Gesichtspunkten die Qualität einer zweiten Wiederbewaffnung" zuschreibt.10 (Die erste Wiederbewaffnung allerdings konnte nur in erbittertem Klassenkampf durchgesetzt werden: 9.119.667 unterschrieben gegen sie, am 22.1.1955 legten in einem ganztägigen Streik dagegen 800.000 Berg- und Hüttenarbeiter das Ruhrgebiet lahm. Gegen die Kämpfer gegen eine erneute Bewaffnung des deutschen Imperialismus wurden 35.189 Ermittlungsverfahren angestrengt und in 425 Prozessen 1012 Jahre Gefängnis verhängt. Die Arbeiter sollten sich gut daran erinnern, statt diesen Kampf heute stillschweigend zu verraten!)


Da wird ganz offen der Tatsache Rechnung getragen, daß Entwicklung der Produktivkräfte im Imperialismus Entwicklung der Fähigkeit zu Krieg und Zerstörung bedeutet: "Die deutsche Industrie besitzt weltweit anerkannte technologische Kapazitäten und Managementfähigkeiten. Sie gilt es in einer Phase der europäischen Restrukturierung(!) und der Globalisierung der Wirtschaft auch durch Unterstützung der Investitionsfähigkeit der Bundeswehr zu erhalten."11 Nur so, so der Rahmenvertrag "Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr", könne heute noch "industrielle Kernkompetenz" gesichert werden.12 In einer Reihe von "Pilotprojekten" wird die engste Verzahnung von Militärmaschinerie und Wirtschaft vorbereitet und erprobt, darunter:



Freilich: der tiefste Eingriff des Militarismus in die gesamte Gesellschaft erfolgt beim Arbeiter selbst. Die historische Errungenschaft des freien Lohnarbeiters, die Freiwilligkeit beim Verkauf der Arbeitskraft, begrenzt "nur" durch die ökonomische Notwendigkeit, sie überhaupt zu verkaufen, um leben zu können, die Freiheit der Berufswahl - all dies wird tendenziell aufgehoben.

Das Kriegsministerium spricht die Wahrheit aus, daß im Imperialismus ein stets wachsender Teil der Arbeiterklasse überflüssig ist und eine Reservearmee bildet, die nur noch für den Krieg und durch den Krieg aufgesogen werden kann, und so will die Bundeswehr "als wichtiger Arbeitgeber und bedeutsame Ausbildungseinrichtung ihren Teil zur Lösung der Arbeitsmarktproblematik beitragen".16 Also wird nicht nur in den Arbeitsämtern Werbung für den Beruf eines Mörders in der imperialistischen Armee gemacht durch einen Kooperationsvertrag bzw. eine Rahmenvereinbarung mit der Bundesanstalt für Arbeit (BA) wie mit dem Berufsförderungsdienst (BFD), der in einem Pilotprojekt Arbeitsämter zur Rekrutierungsstelle von Söldnern degradiert. Was ist, wenn der Erwerbslose es ablehnt, zum Berufsmörder zu werden? Wird er dann gesperrt? (Dies wäre herauszufinden, am besten wohl weniger durch eine simple Anfrage beim Arbeitsamt als vielmehr durch einen konkreten Fall, in dem ein klassenbewußter Prolet diese Frage bis zum obersten Gericht durchficht.)


Der Militarismus akquiriert auf Teufel komm raus. Es werden "regional zivile Ausbildungsplätze akquiriert"17. Auf diesen Plätzen hat der junge Arbeiter, der dachte, seine Arbeitskraft an einen Kapitalisten zu verkaufen, dann zwei Dienstherren: den Kapitalisten und das Militär, denn: "Die Auszubildenden werden während ihrer Ausbildung bis zur abschließenden Einstellung in die Streitkräfte durch die Bundeswehr betreut."18 Diese Permanenz der Anwesenheit von Militaristen im Betrieb geht freilich nicht nur die jungen Arbeiter an. Es geht auch die Betriebsräte an, die vom Betriebsverfassungsgesetz auf das Wohl des Betriebes verpflichtet sind. Auch auf das Wohl der Streitkräfte? Das Kooperationsmodell "Partnerunternehmen - Bundeswehr", das mit mehr als 1000 Betrieben geschlossen wurde auf der Grundlage eines Vertrages mit Industrie und Handwerk und das Betriebsvereinbarungen vorsieht, degradiert so die Betriebsräte direkt unmittelbar zum Lakaien der Militarisierung der Rechte der Arbeiter und Angestellten durch die Zustimmungspflichtigkeit zu diesen Vereinbarungen. Auch dann sind die Betriebsräte involviert, wenn sie diese Betriebsvereinbarungen gegen die Militarisierung ihrer Arbeiter, gegen die Militarisierung der bei ihnen Auszubildenden aufs Schärfste zurückweisen und ablehnen - was ihre verdammte Pflicht ist. Dies ist ein besonders bösartiger Schachzug gegen die Mitbestimmungsrechte der Arbeiterbewegung und ihrer Vertretung, der Betriebsräte.


Mit der Angst vor der Erwerbslosigkeit sollen junge Arbeiter ins Militär gelockt werden. Erwerbslosigkeit ist bekanntlich ein Zustand, der sich relativ leicht herstellen läßt. Es "werden vorrangig Auszubildende angesprochen und für die Streitkräfte gewonnen, die im Anschluß an ihre Ausbildung nicht weiterbeschäftigt werden können."19 Wie viele das sind und wer das ist, das entscheiden dann Militär und Wirtschaft in "partnerschaftlicher Kooperation". So werden die Unterdrückten samt ihrer betrieblichen Interessensvertretung in den staatlichen Gewaltenapparat hineingezogen. So wird das Recht auf freie Berufswahl zur Farce. So wird die Freiwilligkeit (so ökonomisch eng begrenzt sie im Kapitalismus auch ist) durch den Zwang ersetzt. Und all dies geschieht ohne die Errichtung einer faschistischen Diktatur, sondern "allein" dadurch, daß die Volksgemeinschaft ernst macht und zur materiellen Tatsache in den Betrieben wird. Der Schrei nach "Arbeit um jeden Preis" wird im sterbenden Kapitalismus zum Ruf nach Kriegsproduktion, Kriegsvorbereitung, Kriegsdienst und Krieg.


Akquiriert werden aber nicht nur Ausbildungsplätze für künftige, sondern auch Arbeitsplätze für ausgediente Zeitsoldaten. Die Bundesanstalt für Arbeit wird mithelfen, "arbeitssuchende Soldaten auf Arbeitsplätze der Wirtschaft und Verwaltung zu vermitteln. Hierzu werden freie Stellen akquiriert und den Soldaten auf Wunsch benannt."20 Einem Teil dieser ausgeschiedenen Zeitsoldaten soll gar eine Existenz als Kleinbürger angetragen werden: in Kooperation mit verschiedenen Handwerkskammern (Hamburg, Koblenz, Frankfurt/Oder, Düsseldorf, Köln, Leipzig) sollen ehemalige Soldaten das Problem "Unternehmensnachfolge" im Handwerk lösen und Handwerksbetriebe zugeschoben bekommen. Dazu gründeten z.B. die Handwerkskammer Köln und die Wehrbereichsverwaltung III ein "Beratungszentrum Bundeswehr-Handwerk".21 Und die Handwerkskammer Hamburg schloß mit der Wehrbereichsverwaltung I eine Kooperationsvereinbarung zu diesem Zweck, nicht ohne sich der "langjährigen und vielfältigen Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Handwerkskammer" zu rühmen.22 (Wir erinnern uns, daß im Rom der Sklavenhalter dem ausgeschiedenen Legionär ein Stückchen Land zugeteilt wurde, meist eines, das er in seiner aktiven Dienstzeit zu erobern geholfen hatte.)


Nicht nur das Recht auf freie Berufswahl verschwindet so im Orkus, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung folgt ihm nach in dieser Gemengelage von Berufsausbildung und Requirierung für das Militär. Was freilich nur offen vor Augen führt, was das klassenbewußte Proletariat schon immer wußte: daß weder die individuelle Verweigerung des Kriegsdiensts noch der Pazifismus ein Ausweg aus Imperialismus und Militarisierung ist. Daß nur der Kampf gegen den Imperialismus selbst, gegen das System der Lohnarbeit insgesamt den Arbeiter davor bewahren kann, in Militarismus und Krieg zu sterben oder zum Mörder an anderen Völkern zu werden.



Weitgehend unbemerkt und unter tiefster Geheimhaltung selbst gegenüber dem bürgerlichen Parlament (aber aufgedeckt durch aktive Kollegen, z.B. ÖTV-Kollegen in Baden-Württemberg) unterwirft der Militarismus sich einen besonderen Bereich der Gesellschaft gerade in einem Ausmaß, das schwerwiegende Folgen für Leben und Gesundheit des ganzen Volkes haben kann und wird: in Verträgen zwischen öffentlichen Krankenhäusern und der Bundeswehr wird das Gesundheitswesen in den Dienst des Militarismus gestellt. Nach einem "Mustervertrag über die Grundsätze einer Zusammenarbeit zwischen einem zivilen Krankenhaus und einer Reservelazarettgruppe der Bundeswehr"23 sollen jeweils ein oder mehrere leistungsstarke Krankenhäuser vertraglich an eine der 56 Reservelazarettgruppen der Bundeswehr gebunden werden. So will das Militär die Zahl seiner zur Verfügung stehenden Lazarettplätze um bis zu 56000 erhöhen - eine Zahl, die für sich genommen schon beweist, daß es mit Kriegen in mit dem Krieg gegen Jugoslawien nicht vergleichbaren Größenordnungen rechnet.

Diese Krankenhäuser werden geködert damit, daß ihnen klinisches Gerät der Bundeswehr kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Sie zahlen einen hohen Preis dafür.

Sie müssen Militärärzte ausbilden und Soldaten, die eine Ausbildung als medizinisches Hilfspersonal haben, im Training halten - Personal, das im Ernst-, also Kriegsfall binnen sechs Stunden abgezogen werden kann24 und dann selbstverständlich für die öffentliche Gesundheitsversorgung nicht mehr zur Verfügung steht.

In einzelnen Kooperationsverträgen zwischen Bundeswehr und Krankenhäusern müssen letztere sich bereit erklären, im Kriegsfall bis zu 1000 zusätzliche Kampfopfer aufzunehmen. Sie sollen, so sieht es etwa der Kooperationsvertrag zwischen dem Sanitätsdienst der Bundeswehr und dem Städtischen Klinikum Karlsruhe vor, bei "Personalengpässen" in Bundeswehrkrankenhäusern dorthin Personal abstellen. Und dies auch ins Ausland und in Uniform.25 Zwar spricht man nach heftigen Protesten der Karlsruher ÖTV-Kollegen nun von "Freiwilligkeit", aber die Bundeswehr bleibt hart. Wie die ÖTV Karlsruhe mitteilt "wird angestrebt, Arbeitsverträge so zu gestalten, daß einem Einsatz in einem Bundeswehrkrankenhaus nicht widersprochen werden kann."26



Unsere Gewerkschaften sind - noch - keine Waffe im Kampf gegen diese Wirklichkeit der militaristischen Durchdringung der ganzen Gesellschaft. Im Gegenteil: mit ihrer Bereitschaft zur Einbindung darein haben sie sich und hat sich insbesondere der DGB weiter auf dem abschüssigen Weg voranbegeben, auf dem sie seit Jahren sind: von der Neutralität gegenüber dem Militarismus über die Tolerierung des Militarismus hin zur Kooperation mit ihm. Auf diesem Weg gibt es nur noch einen, dann allerdings todbringenden Schritt: den offenen Aufruf zu Vaterlandsverteidigung und Krieg.

Zwei Mitgliedsorganisationen der geplanten "Dienstleistungsgewerkschaft" ver.di haben die "Grundsätze für die Zusammenarbeit zwischen den Gewerkschaften und Verbänden sowie dem Bundesministerium der Verteidigung im Rahmen der Modernisierung der Wehrverwaltung des Bundes"27 bereits unterschrieben: Herbert Mai für die ÖTV und Christian Zahn für die DAG. "Die Vereinbarung gibt den Weg frei für eine neue richtungsweisende Kooperation des Verteidigungsministeriums mit den Gewerkschaften und Interessensverbänden der zivilen Beschäftigten der Bundeswehrverwaltung... Im Wege einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit soll die Unterrichtung der Gewerkschaften bereits bei der Entwicklung neuer Konzepte einsetzen. Die frühzeitige und umfassende Information und Einbindung bei der Schaffung einer modernen Verwaltungsstruktur ist dabei ein vorrangiges Ziel."28 Die Losung der Arbeiterbewegung "Krieg dem Krieg" wird hier von den Vorreitern in den Gewerkschaften zu der praktischen Konsequenz geführt, Kriegsdienst für die Herrschenden zu leisten, statt, wie es Teile der Basis fordern: "Wir sind keine Kriegsdienstleistungsgewerkschaft" - das haben ÖTV-Kollegen und Kollegen der IG Medien im Frühjahr dieses Jahres auf ihre Transparente geschrieben. Es ist hoch an der Zeit, diese Losung wieder hervorzuholen und mit Leben zu erfüllen. Und in Gewerkschaften wie der IG Medien könnte das ein Anlaß sein, angesichts der ÖTV-Unterschrift unter die Kooperation mit den Militaristen dem vorhandenen, sich bis jetzt aber nur in dumpfem Grollen äußernden Unbehagen der geplanten Etablierung von ver.di gegenüber einen politischen und klassenbewußten Inhalt zu geben.

Postkollegen z.B. könnten einiges tun, die Unwissenheit gegenüber diesem Militärprogramm zu beenden, indem sie - etwa die Post in Uniform und mit Stahlhelm austragend - auf die Kooperation der deutschen Post AG mit dem Kriegsministerium (siehe oben) hinweisen und dagegen protestieren.

Und in den Betrieben, in die der Militarismus, wie gezeigt, seinen Fuß setzt, muß geprüft werden, Unterschriften gegen diese Militarisierung von Staat und Gesellschaft zu sammeln - wobei es zunächst relativ unbedeutend ist, ob diese Unterschriften erst einmal nur von einer Minderheit der Arbeiter abgegeben werden. Entscheidend ist Aufklärung, Mobilisierung und Formierung der Kollegen.


Und nicht zuletzt ist es Aufgabe der klassenbewußten Jungarbeiter, ihre Klassengenossen im Rahmen der Kampagne "Her mit dem schöneren Leben" über diese ihre geplante Zukunft aufzuklären und sie dagegen zusammenzuschließen.


Ein nicht zu unterschätzender Nebenaspekt dieser Militarisierung von Staat und Gesellschaft ist folgender: In den 2+4-Verhandlungen zu den "äußeren Aspekten der deutschen Einheit" hat die BRD sich auf eine Obergrenze ihrer Streitkräfte von 370.000 Mann festgelegt. Nicht nur, daß die deutschen Militaristen inzwischen ungeniert von einer "Aufwuchsstärke" im Kriegsfall von 680.000 bis 700.000 Mann reden - durch die geschilderten Maßnahmen der Unterstellung immer größerer Teile der werktätigen Bevölkerung unter die Kriegsmaschinerie des deutschen Imperialismus schaffen sie eine indirekte Vergrößerung der unmittelbar oder mittelbar vom Kriegsministerium oder dem in der Schlußphase des Aufbaus befindlichen Generalstab (der übrigens vom Potsdamer Abkommen als für immer aufgelöst erklärt worden war) unterstellten Menschen. Und dies muß nicht nur das Territorium der BRD selbst betreffen. Mit diesen Kräften können auch über die zahllosen wirtschaftlichen wie militärischen Kooperationsabkommen der letzten Jahre, insbesondere mit den Staaten Osteuropas, andere Länder schon in Friedenszeiten wirksam infiltriert werden.


Arbeiterbund für den

Wiederaufbau der KPD

- Zentralkomitee -

1 Siehe das Vorwort der Broschüre "Bundeswehr und Wirtschaft - Eine strategische Partnerschaft auf dem Weg in den modernen Staat" (im folgenden "Bundeswehr und Wirtschaft"), S. 5. Siehe auch http://wirtschaft.bundeswehr.de

2 Volker Mörbe: Bundeswehr im Krankenhaus. Rede auf dem Ostermarsch 2000 in Stuttgart

3 Programm des Arbeiterbunds für den Wiederaufbau der KPD, München 1994, S. 10

4 Rüstungsproduktion ist in jedem Sinne des Wortes eine todsichere Quelle von Maximalprofit. Hier kauft der ideelle Gesamtkapitalist den Monopolen nicht nur die Produkte zu weit über dem Wert liegenden Preisen ab; er schießt auch die Entwicklungskosten, die sonst aus Kapitalvorschuß zu leisten wären, aus Steuergeldern vor.

5 Ulrich Sander: Szenen einer Nähe. Vom großen RechtsUm bei der Bundeswehr, Bonn 1998, S.10

6 Regierungserklärung Helmut Kohls, Januar 1991

7 Ulrich Sander: Szenen einer Nähe, a.a.O. S. 9ff.

8 Siehe die Kurzfassung des Berichts der Weizsäcker-Kommission, abgedruckt in der Frankfurter Rundschau vom 24.5.00

9 Programm des Arbeiterbunds für den Wiederaufbau der KPD, a.a.O., S. 39

10 "Die Zeit", 8.11.96

11 Bundeswehr und Wirtschaft, S. 6

12 Ebda. S. 22

13 Ebda. S. 23

14 Ebda. Wobei gleich eines der Ziele des Krieges gegen die BR Jugoslawien mit ausgeplaudert wird, wenn es heißt: "Als Teil dieser Maßnahme wird die volle Interoperabilität der im Kosovo eingesetzten Fernmeldesysteme unter Ergänzung durch moderne Mobilfunktechnik hergestellt." (Ebda.)

15 Pressekonferenz von Kriegsminister Scharping und Klaus Zumwinkel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post AG, 17.5.00

16 Bundeswehr und Wirtschaft, S. 9

17 Ebda. S. 11

18 Ebda.

19 Ebda.

20 Ebda., S. 13

21 www.handwerkskammer-koeln.de/aktuellpr032000.html

22 Homepage der Handwerkskammer Hamburg, Pressemitteilung

23 Abrufbar im Internet unter http://sanitaetsdienst.bundeswehr.de , "Zivilmilitärische Zusammenarbeit". Der genaue Titel lautet: "Mustervertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister der Verteidigung, dieser wiederum vertreten durch den Präsidenten der Wehrbereichsverwaltung ... (Ort), (Straße, Nr.), - im folgenden Bundeswehr genannt - und dem (Krankenhausträger), (Ort, Straße, Nr.), vertreten durch .... - im folgenden Krankenhaus genannt - über die Zusammenarbeit der Reservelazarettgruppe ... mit dem Krankenhaus...". Wer noch angesichts der offenkundigen Wirklichkeit der Militarisierung darauf bestehen möchte, daß nichts so heiß gegessen wie gekocht werde, der soll sich diesen Vertrag durchlesen: Da wird der Ernstfall organisiert, und zwar nicht für eine ferne, sondern für eine sehr nahe Zukunft!

24 Siehe "Mustervertrag...", §11

25 Friedensbündnis Karlsruhe: Krankenhaus + Bundeswehr = Handlanger für den nächsten Krieg? labournet, 2.2.2000

26 Lothar Galow-Bergemann: Wie das öffentliche Gesundheitswesen für die deutsche Kriegsführung tauglich gemacht werden soll und die Bundeswehr dabei noch Geld sparen will. Labournet, 28.1.00

27 Abgedruckt in "Bundeswehr und Wirtschaft", S. 33/34

28 Stellungnahme zur Grundsatzvereinbarung: .... Zusammenarbeit mit Gewerkschaften...