Auch 60 Jahre danach

VOM KAPITALISMUS UNS ZU BEFREI'N

MÜSSEN WIR SELBER TUN

Außer Krieg, Verwüstung, Elend, Erwerbslosigkeit und Wohnungsnot ist vom Kapitalismus nichts mehr zu erwarten. Der Arbeiter, der das nicht gerne wahrhaben will, verweist darauf, daß er es doch sei, der den Reichtum schaffe. Daß er es doch sei, der mit immer weniger Arbeitskraft immer mehr und immer wertvollere Güter herstelle. Daß es doch nicht sein könne, daß der Lohn dafür die Massenerwerbslosigkeit und ein Hunger- und Sklavendasein unter den Hartz-Gesetzen sei.
Aber anderes steht nicht im Vertrag, den man Lohnverhältnis nennt!
Dort steht: Der Arbeiter verkauft seine Arbeitskraft.Der Kapitalist kauft sie, wenn er etwas davon hat. Wenn er sie nicht braucht, wenn er mit weniger Ankauf von Arbeitskraft den gleichen oder mehr Profit machen kann, kauft er sie nicht.Wenn der Arbeiter dem Kapitalisten neuere und immer bessere Maschinen baut und damit menschliche Arbeit überflüssig macht, kauft der Kapitalist weniger Arbeit. Wenn der Kapitalist die Waren, die ihm der Arbeiter hergestellt hat, nicht verkaufen kann,weil die Konkurrenz zu groß und das Geld in den Taschen des Volks zu wenig ist, dann kauft er keine Arbeit. Dann ist Krise, und die Kapitalisten jagen ihre Regierungen aus den Sesseln, den Arbeiter diese Krise bezahlen zu lassen.
Mehr ist nicht vereinbart. Von Dankbarkeit, von Teilhabe des Arbeiters am gesellschaftlichen Reichtum über die Lohnzahlung hinaus war nie die Rede und kann im Kapitalismus nicht die Rede sein.Wer sein Leben durch die Hände von Gewerkschaftsführern gehen läßt, die den Unternehmern mehr Arbeit für weniger Geld oder gar Arbeit ohne Bezahlung anbieten, darf sich nicht beschweren, wenn die zugreifen.Wer den Kapitalisten die Mittel zur Ausbeutung läßt, also die Maschinen, Fabriken und die Banken, darf sich nicht beschweren, wenn sie ausbeuten.Daraus,daß sie immer weniger ausbeuten können, also ihren Sklaven nicht einmal mehr die Existenz innerhalb der Sklaverei sichern können, daß sie Millionen ans Hungertuch bringen müssen, statt aus ihnen noch Profit zu ziehen, ist nur ein Schluß zu ziehen: sie haben ausgedient, sie müssen enteignet werden.
Sie müssen enteignet werden, weil nur einer dem Arbeiter die Arbeit garantieren kann - der Arbeiter selbst. Die Ausbeutung bestehen lassen und die Ausbeuter mit Arbeitsplatzgarantien oder was der schönen Worte mehr sind zu verpflichten,wo Ausbeutung für Millionen schon nicht mehr funktioniert, was ist das? Ein bißchen Sozialismus? Ein bißchen Arbeitergesellschaft? Das funktioniert nicht. Wieviel man den Kapitalisten abtrotzen kann,wieviel Profit man sie zu opfern zwingen kann, um den Arbeiter wenigstens nicht verhungern zu lassen, das kann man ihnen nicht vorrechnen. Die Rechnung sagt ihnen nur eins:
Jeder Cent für den Arbeiter, für ein bißchen Existenzsicherung für den Arbeiter, für ein bißchen Bildung oder Gesundheit für den Arbeiter, ist ein Cent weniger für sie, für ihren Reichtum wie für ihren Krieg, den sie vorbereiten und deutlicher kommen sehen als das Volk. Daran rütteln kann nur der Kampf, der Streik. Hinter jedem Streik aber, das hat ein kluger Politiker der Kapitalisten in seiner Furcht vor der Arbeiterklasse einmal gesagt, lauert die Hydra der Revolution, lauert die Macht der Arbeiter, lauert die sehr praktische Erkenntnis, daß es ohne Kapitalisten besser geht.
Sie und ihre Wirtschaftsweise sind am Ende, und nichts beweist das besser als die Tatsache, daß sie Millionen durchfüttern müssen, ohne aus ihnen noch Profit schlagen zu können. Es ist dies wahrlich nicht das erste Mal. Sie haben die Löhne gesenkt und die Arbeitszeiten verlängert. Sie haben ihre Regierungen die Unternehmersteuern senken und die Steuern für das Volk erhöhen lassen. Sie haben die Erwerbslosen für Pfennigbeträge schanzen lassen. Genützt hat es nichts, damals, kurz vor Hitler. Nur hieß z.B. der Ein-Euro- Job damals Pflichtarbeit, die dann zum danach Reichsarbeitsdienst führte. Dann haben sie die Arbeiter zu Räubern gemacht, die ihr Brot und die Reichtümer für ihre Herren bei anderen Völkern stahlen. Es hat damals dazu die äußerste Bestialität gebraucht, also die faschistische Barbarei. Einen anderen Ausweg gibt es nicht, wenn eine Wirtschaftsweise am Ende ist. Wenn die "normale" Ausbeutung nicht mehr funktioniert, kommt der Raub, Militarismus und Krieg, die Unterwerfung anderer Völker. Wo der Reichtum mehr und mehr in Dingen aufgehäuft ist, in Fabriken, Maschinen, Computern, Schiffen, Erz und Erdöl, da werden Menschen geschlachtet, um der Dinge habhaft zu werden. 67 Millionen waren es zwischen 1939 und 1945. An die 100 Staaten mußten Deutschland den Krieg erklären, dieses Gemetzel zu stoppen.
Geschichte wiederholt sich nicht einfach. Aber sie behält ihre ungelösten Fragen auch nicht für sich. Was die Völker dem deutschen Volk, der deutschen Arbeiterklasse 1945 geboten haben, war eine ungeheure Chance: Kein deutscher Militarismus mehr, keine Kriegsindustrie, keine Wehrmacht, keine organisierte Mörderbande der Nazis mehr, nie wieder. Das hätte die Ausbeutung und das Arbeiterelend und die Arbeiterunsicherheit nicht beseitigt. Aber es hätte die Möglichkeit geboten, den Ursachen für das deutsche Gemetzel an der halben Welt an die Wurzel zu gehen. Es hätte unser Volk und die Völker von der Furcht befreit, die heute wieder umgeht wie ein uneingestandener Alptraum, die Furcht vor dem deutschen Krieg. Es hätte die Frage ganz praktisch gestellt: Gehen die Arbeiter weiter, hinaus über die demokratisch-antifaschistische Umwälzung, hin zu ihrer eigenen Herrschaft und dazu, die Fabriken in Arbeiterhand zu nehmen und damit auszul öschen, was zu Faschismus und Krieg geführt hatte? Die Arbeiter im Westen des Landes haben anders entschieden, und sie haben damit ihren alten und neuen Herren den Weg freigemacht, auch jenes bessere Deutschland noch einmal niederzuschlagen, das sich anders entschieden hatte. So werden sie den 8. Mai, den 60. Jahrestag des Sieges über Hitler eben nicht nur als Tag der Befreiung zu begehen haben. Sondern als einen Tag der Erinnerung daran, daß sie im 21. Jahrhundert zu tun haben,was sie im 20.Jahrhundert unterließen.