Die Reichen und die Schöne

Das Volk versteht uns nicht. Wir, die Partei der "neuen Mitte" haben ein Vermittlungsproblem.

Der Kohl ist weg! Und mit ihm der "Standort Deutschland". Der 16 Jahre lang gut genug dafür war, daß das Volk zahlt und zahlt und selbst verarmt. Die Schröder-Regierung ist dran, und mit ihr kam der "Staatsbankrott" im zweitreichsten Land der Erde. Das Schreckensszenario wechselt mit der jeweiligen Regierung, die Ausplünderung des Volkes bleibt. Denn wieder soll das Volk für die Reichen zahlen und zahlen, bis es vor dem Nichts steht. So die Botschaft der Partei der "neuen Mitte", der SPD. Der Arbeiter wendet sich von der SPD ab, und die Stimmen der Reichen, der "neuen Mitte", sind nun einmal naturgemäß zahlenmäßig wenige, und die Landtagswahlen somit verloren. Und die SPD hat damit ein "Vermittlungsproblem", wenn der Arbeiter versteht!

Was soll daran nicht verstanden werden?

Wenn das private Geldvermögen in der BRD auf 5 Billionen DM bis zum Jahr 1997 angestiegen ist. Wenn die Hundesteuer die Staatskassen mit 300 Millionen jährlich füllt, und demgegenüber 283 Millionen an Einkommenssteuer des reichen Bürgers steht, die er gnädig dem Staat abführt. Wenn in der Geschichte der BRD erstmalig die Einkommenssteuererstattung h ö h e r als die Einnahme ist. Wenn die Lohnsteuer vom Jahre 91 auf das Jahr 98 um 34%, gleich 100 Milliarden, steigt. Im gleichen Zeitraum aber die Einkommensteuer ins Bodenlose fällt, um minus 66%, gleich 32 Milliarden minus. Wenn die nicht mehr erhobene Vermögenssteuer in ihrem letzten Jahr, 1995, wenigstens die Milliardäre mit 8 Milliarden am Steueraufkommen beteiligte, wenn die steuerliche Belastung der Löhne bei 19,3%, die durchschnittliche steuerliche Belastung der »Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen« gerade noch bei 8,3% im Jahr 1997 lag. Und das Statistische Bundesamt nicht mehr darum herumkommt, das »Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen« wenigstens auf 768 Milliarden zu beziffern. Woraus sich ergibt, daß die Reichensteuer 1997 bei einer Belastung mit 8,3 % 63,74 Milliarden ergab. Wären die Reichen besteuert wie die Arbeiter und Werktätigen, dann hätten die Reichen 148,22 Milliarden an ihre Regierung und ihren Staat abführen müssen.

Was soll der Arbeiter daran nicht verstehen? Die besitzende Klasse, die Millionäre und Milliardäre plündern mit Hilfe ihrer jeweiligen Regierung das Volk aus. Der besitzende Bürger flieht aus seiner ureigensten Bürgergesellschaft, wälzt die Lasten der bürgerlichen Gesellschaft auf den ab, der nicht leben kann ohne seiner Hände Arbeit. Der Ausgebeutete wird doppelt ausgebeutet. So einfach ist das, was der SPD als ein "Vermittlungsproblem" erscheint.

Was soll daran nicht verstanden werden?

In Bad Homburg, einem Ort des wohlanständigsten Bürgers und die kaufkraftstärkste Gemeinde der BRD, hat die staatliche Behörde im Jahr 1990 noch 440 Millionen Mark Einkommensteuer von den wohlsituierten Bürgern eingezogen. Im vergangenen Jahr mußte der Staat 3 Millionen an sie zurückzahlen. Zwar betrug die Einkommensteuer brutto stolze 195.591.817 Mark, doch dagegen rechnete der treue Bürger genau 219.052.362 Mark als Abzüge, zumeist unter dem Kürzel "VuV" - Verlust bei Vermietung und Verpachtung bei zuviel Wohnungen, Büros im Osten (Die Woche, 1710.97). Oder der Weltkonzern "Siemens zahlt 1995 trotz eines Bruttogewinns von 2,6 Milliarden Mark keinen Pfennig Ertragssteuer in Deutschland. Fünf Jahre zuvor hatte die Ertragssteuer von 1,6 Milliarden Mark den Bruttogewinn von Siemens noch mit 47,6 % belastet.", (Die Zeit, 14/97) Und so weiter und so fort.

Was soll daran nicht verstanden werden? Daß der "Staatsbankrott" nichts anderes ist als der Bankrott des Kapitals und seines Bürgertums, das nicht gewillt ist, auch nur einen Pfennig oder eine Mark zur Aufrechterhaltung seiner ureigensten Ausbeutergesellschaft beizusteuern. Daß die Ausplünderung mittels des Staates und der Regierung für das Volk ins Unermeßliche geht, daß sie dem Arbeiter nicht nur den Lohn drücken, sondern das wenige, was der Arbeiter an Lohn von ihnen erhält, auch in immer größerem Maßstab aneignen. Daß der hofierte Bürger auf Kosten des Arbeiters lebt, der gewillt ist, die Arbeiterrente ebenso aufzufressen - zuerst einmal dadurch, daß Herr Riester sie erneut kürzt - wie alle anderen vom Arbeiter und vom Volk geleisteten Rücklagen unserer Klasse in den Sozialversicherungen. Und das soll nicht verstanden werden?

Was soll daran nicht verstanden werden?

Die Reichen zahlen keine Steuern, und die regierende Sozialdemokratie schwadroniert vom Staatsbankrott, verlangt, daß weitere dreißig Milliarden aus der Kasse der Arbeiter in die Kasse der Reichen, in den Staatshaushalt fließen. Wen wundert es da, wenn Karl Marx schrieb: "Daß der Haushalt eines kapitalistischen Staates, nichts anderes ist als ein Klassenbudget, ein Budget der Bourgeoisie." Der Staatshaushalt ist ein Werkzeug, nicht mehr und nicht weniger, mit dem ein Teil des vom Arbeiter geschaffenen Nationaleinkommens im Interesse der Ausbeuterklasse neu verteilt wird.

Die Hälfte aller Staatsschulden der BRD von knapp 2400 Milliarden Mark gehören den Großbanken, die knapp 1200 Milliarden Mark an den Staat verliehen haben. Bei den derzeit üblichen Zinssätzen dem Staat gegenüber von 8 %, der an Banken gezahlt wird, erhalten die Großbanken in nur 9 Jahren 1200 Milliarden Mark Zins und Zinseszins. Ihr ausgeliehenes Geld hat sich also in 9 Jahren verdoppelt und wäre auf 2400 Milliarden Mark angewachsen. Wovon hat der Staat die 1200 Milliarden Mark gezahlt? Neben den Steuern, die ausschließlich die Werktätigen aufbringen, durch Kredite von den Banken. »Als Warnzeichen muß insbesondere gelten, daß der Anstieg der Schuldenquote in den letzten Jahren ... wesentlich mit der hohen Zinsbelastung zusammenhängt. Damit nährt sich die Verschuldung aus sich selbst heraus«, schrieb die Deutsche Bundesbank 1997 (Monatsberichte 3/97). Somit wird sich auch die Staatsschuld bei den Banken in 9 Jahren, verdoppeln, und mit ihr die Zinszahlungen. Diese 1200 Milliarden Mark Zinsen entsprechen nach heutigem Stand etwa der Summe von drei Bundesjahres-haushalten mit sämtlichen Zahlungsposten. Oder, anders herum gesagt: Von den Bundeshaushalten in 9 Jahren fließen drei direkt in die Tresore der Großbanken. Man kann auch sagen, daß die 1200 Milliarden Mark Zinsen von 9 Jahren 40 Sparpaketen des Herrn Eichel von 30 Milliarden Mark entsprechen.

Es fragt sich, worin der Steuerzahler, das Proletariat, die Bauern und Angestellten ein Interesse an der Tilgung der Schulden haben sollen, oder daran, daß der Zins des Zinses in die Tresore einer der mächtigsten Banken der Welt, der Deutschen Bank, der Dresdner Bank oder der Commerzbank gelangen sollte. Nur dafür, daß die Reichen noch reicher werden. Die Haltung des Proletariats und seiner Gewerkschaften kann angesichts solcher Tatsachen nur sein: Die Finanzkapitalisten, die Bankiers sollen auf ihren Staatsanleihen sitzen bleiben. Keine weitere Auszahlung von Seiten des Staates an die Gläubiger, die Banken. Verweigerung der Zinszahlung an die Banken. Denn: Was hat es die Arbeiterklasse zu berühren, wenn der Staat bei den Banken in der Kreide steht? Ist doch der Staat der Staat der Banken und anderer Monopolisten. Warum soll das Proletariat dafür sein, daß weitere 30 Milliarden in Form von Zins die steuerfreie Monopolbourgeoisie aus dem vom Proletariat geschaffenen Nationaleinkommen erhält? Warum soll das Proletariat, die Bauern und Angestellten, weiter verarmen, nur um den deutschen Banken Profite in die Kassen zu scheffeln? Warum sollen sie weiter dulden, daß der Staat bei den Banken Anleihen in Milliardenhöhe aufnimmt, nur um mit den geliehenen Milliarden Krieg zu führen wie gegen Jugoslawien, das Geld an andere zu verleihen, um z.B. aus den polnischen Arbeitern Profit zu schlagen, um dann die damit hereingeholten Milliarden der Deutschen Bank zu überweisen?

Das macht nur Sinn für einen Nadelgestreiften wie den Schröder, aber nicht für das Proletariat. Die Haltung des Proletariats kann nur sein: Kein Pfennig für Schuld- und Zinstilgung! Sofortige Aussetzung der Zinszahlungen des Staates an die Gläubigerbanken! Keine Mark weiter für die Umverteilung des vom Arbeiter geschaffenen Nationalreichtums an die Gläubiger!

Allein das, Einfrieren der Zinsen an die Räuber des Nationaleinkommens bringt dem Staat tausende Milliarden in die Kasse. Die geringste Haltung einer Gewerkschaft ist, daß die Zinsen des Staates an die Banken von 8 Prozent auf die Zinsen der Sparbücher von 2-3 Prozent zu senken sind. Dies würde dazu führen, daß die Bankkredite in den nächsten Jahren nicht auf 2400 Milliarden Mark wachsen, sondern auf 1550 Milliarden Mark. Also eine Einsparung pro Jahr von 90 Milliarden Mark bzw. die Summe von drei Sparpaketen.

Die Haltung der Gewerkschaften und des 19. Gewerkschaftstages der IG Metall, der vom 3. bis 9. Oktober dieses Jahres in Hamburg seine Arbeit aufnimmt kann nur sein: Sofortige Senkung der direkten und indirekten Steuern, die von den Werktätigen aufgebracht werden. Neben dem zu entwickelnden Kampf des Proletariats gegen die Staatsschulden, gegen die Zinsleistungen zur Bereicherung weniger Monopolisten, haben die Gewerkschaften dafür einzutreten, daß die Arbeiter organisiert dazu befähigt werden, den Kapitalisten die Steuern nicht zu schenken. Nicht der zweitreichste Staat der Welt ist bankrott, sondern die bürgerlichen Parteien, ob CDU, CSU oder SPD. Die dem Volke weismachen wollen, es gäbe nichts Besseres für die Zukunft der Gesellschaft, als daß die Reichen versinken in ihrem Reichtum.

Was soll daran nicht verstanden werden: Der Kohl ist abgewählt, und der Schröder verliert die Landtagswahlen. Und der Arbeiter und seine gewerkschaftliche Organisation hat es bei der Stimmenthaltung gegen die Ausplünderung der Werktätigen nicht zu belassen!